von Maila Nurmi » 2. Jun 2010, 22:43
Hm.
Ich finde es absolut nicht belanglos, was da passiert ist... und so richtig vorhersehbar war es auch nicht. Eine erfreuliche Überraschung.
Kein "man nehme"-Rezept, von dem man sich etwas verspricht, nein, eine sehr junge Person voller Ecken und Kanten, unkonventionell in ihrer Art und weder oberflächlich noch dumm, auf natürliche Art hübsch und selbstbewußt und daher auch überzeugend.
Ich weiß nicht, was daran schlecht sein soll, daß sie "uns" repräsentiert hat.
Und diese Debatte über Deutschtümelei (Ja, ich weiß, daß das ulkige Lied aus TVtotal stammte)... was soll das? Leben wir im 21.Jahrhundert oder tun wirs nicht? Vergangenheit bleibt Vergangenheit. Muß man denn noch immer ein schlechtes Gewissen haben, wenn man sein Fähnchen schwingt? Nach der letzten WM ging eine gewisse Befreiung von Altlasten durch die Bevölkerung... all die vielen Fähnchen... nicht faschistoid, nicht nationalistisch, darf man denn noch immer nichtmal mehr patriotisch sein? Ist es denn noch immer befremdlich hierzulande, stolz zu sein, daß man ist, was man ist? Wenigstens beim Fußball und beim Eurovision Song Contest?
Ich sehe das alles so: Schön, daß "wir" gewonnen haben, endlich, nach so vielen Jahren voller Reinfälle und Peinlichkeiten mal wieder nicht einfach nur Glück gehabt, sondern zur rechten Zeit alles richtig gemacht, das fühlt sich gut an, macht aber auch ein bißchen verlegen, weil man ja nicht zu hoffen wagte. Und "die anderen", naja, die meisten anderen gratulieren und freuen sich sogar mit. Wieder alles richtig gemacht, eine echte Sympathieträgerin in den Wettbewerb geschickt. Ist das belanglos? Nein. Es ist und bleibt ein Stück Populärkultur (...und die Massen BRAUCHEN ihre Populärkultur, sie ist ihr täglich Brot. BILD-Leser wie ZEIT- oder FAZ- oder SZ-Leser, Privatsendergucker wie ARTE- und 3sat-Gucker. Und schön, daß es gerade mal wieder ein kleines bißchen niveauvoller zugeht...) mit langer Tradition, immer wieder fast schon totgesagt, aber immer neu auferstanden. Als damals Lordi (verdientermaßen) gewonnen haben und den Laden gehörig aufmischten und die dicke Staubschicht der angejahrten Veranstaltung geradezu martialisch wegpusteten, waren die Reaktionen auch kontrovers... diese Jungs brachten alles mit, was erwartet wird... Talent, eine grandiose Performance und einen Ohrwurm (und ziemlich viel "Glam"... wenn auch eher extravagant... so extravagant, daß den üblichen ESC-Fans die Spucke wegblieb...).
Diesmal siegte eben eher der Purismus. Wieso auch nicht. Aber eben nicht der olle "Ein bißchen Frieden"-Purismus, sondern der des 21.Jahrhunderts, der sich nicht anbiedert oder auf die Tränendrüse drückt, sondern frech und kokettierend sein Ding durchzieht.
Es kann ja so einfach sein.
"Die Erwachsenen begehen eine barbarische Sünde, indem sie das Schöpfertum des Kindes durch den Raub seiner Welt zerstören, unter herangebrachtem, totem Wissensstoff ersticken und auf bestimmte, ihm fremde Ziele abrichten."(Robert Musil)