Und noch eine Besprechung des Humbugs:
Galerie Epikur, Wuppertal
8. Mai 2007
Olga La Fong
Sparoper für Violine, Violoncello, Flöten, Elektrogitarre und ca. 2½ Sprecher
von Eugen Egner, David J. Becher und sonorfeo
Veranstalter-Homepage
Die Seriennummer auf der Unterseite von Olga La Fong
Von Stefan Schmöe
Als „erste Sparoper“ haben das Wuppertaler Ensemble sonorfeo und Eugen Egner ihr neues Projekt angekündigt: In der Reduktion der Mittel gehe man „weiter, als je ein zu Sparmaßnahmen gezwungenes Ensemble gegangen sein dürfte.“ Musikhistorisch ist das höchst unkorrekt, denn einerseits dürften sich Werke mit größerem Spareffekt als die rund 35-minütige Olga La Fong mit fünf erforderlichen Ausführenden nachweisen lassen, andererseits ist die Bezeichnung „Oper“ irreführend, handelt es sich doch um ein Melodram ohne szenische Darstellung. So genau darauf an kommt es den Aufführenden aber ohnehin nicht, streift doch das Projekt sowieso die Grenze zum Nonsense.
Den Text zu Olga La Fong hat Eugen Egner, fester Mitarbeiter des satiremagazins Titanic, verfasst. Grob geht es darum, dass eine Dame namens Olga la Fong fotografiert werden soll, wobei man keine nachvollziehbare Handlung erwarten darf: Surreale Ereignisse in der Nachfolge Franz Kafkas kreuzt Egner mit allerlei Blödeleien und leidigen Gegenwartsthemen wie dem miserablen Kundenservice der Deutschen Telekom. Hervorstechend ist Egners Faible für klangvolle Wortneuschöpfungen – allein schon so hinreißender Begriffe wie „Reichslochkamera“ oder „Andersen-Schürfbock“ lohnen den Besuch dieser „Welturaufführung“. Hier erhält die Sprache Egners eine eigene Musikalität, die eine Verbindung mit (improvisierter) Musik sinnvoll werden lässt. David J. Becher spricht den Text mit hintersinniger Gelassenheit und unterschwelligem Witz. Hin und wieder sprechen auch die Musiker ein paar Worte (so auch Matthias Nahmmacher mit schöner Klangwirkung direkt in die Flöte hinein), sodass man in der offiziellen Zählung auf „ca. 2 ½ Sprecher“ kommt.
Egner selbst spielt auf der E-Gitarre jedes Mal, wenn der Name „Olga La Fong“ fällt, ein kleines Dreitonmotiv und ist vor allem für die Rubrik „Tonmalerei und Klamauk“ zuständig. Die musikalischen Impulse gehen eindeutig von sonorfeo aus, und das sind Matthias Nahmmacher (Flöte), Ulrike Nahmmacher (Violine) und Bettina Hagedorn (Violoncello). Spezialisiert auf improvisierte Musik haben sie ein schier unglaubliches Maß an Perfektion im Zusammenspiel erreicht. Die Ausdruckspalette reicht von rhythmisch streng strukturierten Stücken in Anlehnung etwa an Alban Berg (mitunter fühlt man sich an den Walzer aus Wozzeck erinnert) über kleine musikalische Dialoge, bei denen die Musiker auch halbszenisch agieren (Kagels Staatstheater mag da inspirierend gewesen sein), bis hin zur vom Free Jazz angeregten Offenheit. Auch die klanglichen Möglichkeiten der Instrumente werden von „klassischer“ Spielweise bis zur Verwendung der Flöte als „Sprachrohr“ ausgenutzt. Planlos oder willkürlich wirkt das nie; im Gegenteil: Die Musik entwickelt trotz aller Freiheiten eine immanente Logik und Strenge, als könne sie gar nicht anders klingen.
Über den (zweifellos großen) Unterhaltungswert hinaus erhält Olga La Fong eine tiefere Dimension, die länger nachwirkt. Sprache und Musik gehen hier eine sublime Verbindung von ganz eigener Faszination ein. Gespart wird hier vorerst noch an Publikum: Die Uraufführung (ergänzt um eine Lesung Egners mit Zwischenmusik von sonorfeo) in der Wuppertaler Galerie Epikur fand vor einem erlesenen kleinen Kreis von Wuppertaler Künstlern statt. Ein breiteres Publikum wäre dem Werk zu wünschen.
bei:
<a href='http://www.omm.de/veranstaltungen/konzerte20062007/W-olga-la-fong.html' target='_blank'>http://www.omm.de/veranstaltungen/konzerte...ga-la-fong.html</a>