Verfasst: 1. Mär 2005, 20:15
<span style='color:red'>Hoppla, den hatte ich ganz vergessen hier abzuliefern *schäm*</span>
Hallo zusammen!
Lang, lang ist's her, wird mancher sagen und doch ist erst etwas mehr als ein Monat vergangen seit meiner letzten, ausführlichen Mail.
Zur Auflösung des Rätsels um die letzte Sammelkarte - es handelt sich hierbei WEDER um den Versuch, Ersatz für Meike und mich , die das ohnehin gut gefüllte Appartment (die mit meiner Neuerwerbung, einem wunderbaren VW T2 von '72 (einem Campingbus) mit Pop-up-dach) kurz nach Sylvester verlassen haben, zu finden NOCH um den Versuch, Den Campingbus mit einer vergleichbaren Menschendichte auszustatten - nein, es handelt sich schlicht um 2 typische Sydneyer Kontaktanzeigen. Da die Wohnungen hier (wie beschrieben) wöchentlich vermietet werden, unkompliziert zu kündigen sind und man sich - mehr wegen Platzmangels als aus purer Sympathie - näher kommt, wird das spontane Zusammenziehen VOR dem Kennenlernen zu einem sich schnell verbreitenden Trend .
So - wo war ich? Achja, ich glaube, ich endete mit "Ich melde mich wieder." (bitte sagt mir, wenn ich mich wiederholen sollte)
Bevor ich nun in meinen Ozean tauche - und das werde ich diesmal wirklich, denn es gibt wirklich viel zu erzählen, ("Whenever the literary German dives into a sentence, that is the last you are going to see of him till he emerges on the other side of his Atlantic with his verb in his mouth" - Mark Twain, 'A Connecticut Yankee in King Arthur's Court') bitte ich wie immer darum, diese Mail an euer jeweiliges Umfeld... aber der Rest ist ja bekannt.
Van Halen
------------------
In den letzen Tagen meiner Administrationsarbeit in Sydney begann ich, mich nach einem fahrbaren Untersatz umzusehen. Da mein Arbeitgeber das Gebäude mit der Work&Travel Company teilte, das dementsprechend eine Menge Backpacker pro Tag sah, war das Schwarze Brett immer voll von mehr oder weniger günstigen Gebrauchtwagen. Es ist quasi eine Tradition unter Backpackern, die sich während ihres Aufenthaltes im Land der Känguruhs ein Auto leisten, es VON Backpackern zu kaufen und nach den paar Monaten Benutzung ohne großen Wertverlust wieder AN Backpacker zu verkaufen.
Es gibt drei Haupttrends: Ford Falcon Station Wagons (wir würden es "Kombi" nennen), weit verbreitet, Ersatzteile an jeder Ecke, auch in der Wüste, wenn man zu zweit fährt, lässt es sich sogar einigermaßen komfortabel auf der umgeklappten Rückbank/im Kofferraum nächtigen; dann (für die besser betuchten) die 4WD (Allradantrieb) meisst von Toyota, besser geeignet, wenn man richtig in's Outback will und eventuell sogar die ohnehin nicht besonders gut ausgebauten Straßen verlassen will; schließlich und endlich die "niederländische Variante" - Ein Campingbus, heutzutage meist Mazda, Mitsubishi,... aber eben auch eine nicht zu verachtende Zahl "good ol' Volkswagen" - und das "good ol'" ist hier wirklich wörtlich zu nehmen (es gibt teilweise sogar noch ein paar T1, die noch eine geteilte Windschutzscheibe haben), denn, wenn der Wagen nicht gerade Jahrelang direkt an der See steht, ist das australische Klima sehr gut geeignet, ein Auto zu konservieren.
Nun, mein "Flat mate" Meike machte mich auf das zukünftige Objekt meiner Fürsorge und Leidenschaft aufmerksam - der oben erwähnte VW T2, 8 Jahre älter als ich, oberflächlich ein wenig rostig, die orangenen Sitze noch originalbespannt (und dementsprechend verschlissen), klebrige Plastikgardienen, in Braun- und Ockertönen - ich denke, jeder, der zu dieser Zeit schon auf dieser Erde wandelte, weiss, wovon ich spreche.
Als das erste Treffen ausgemacht war und wir per ÖPNV nach Northbridge (ein reicher Vorort im Norden Sydneys) aufbrachen, hatte ich die Chance, mich ein wenig mit dem Vorbesitzer, einem 18-jährigen Studenten aus der Gegend um Lausanne, zu unterhalten. Der Bulli hatte ein durchaus bewegtes Leben gehabt - gut, das wundert nicht - und dabei auch ein wenig gelitten, wurde aber (wie eine ansehnliche Sammlung von Werkstattrechnungen und Wartungsberichten belegte) von den letzten paar Besitzern gut behandelt und wieder in Schuss gebracht. Als ich ihn dann von Angesicht zu Scheinwerfer/Känguruhfänger sah, war's um mich geschehen!
Kurz und gut, nach ein paar Probefahrten, einer ausführlich Inspektion (Danke nochmal an Peter für die Checkliste und den Support) konnte ich den Preis nochmal um 25% drücken (in dem Bewusstsein, dass ein Motor, der mehr als 300000 km gefahren hat auch irgendwann seine ewige Ruhe verdient hat) war das Vehikel mein und ich begann, mich häusslich zu machen - aber ich will nicht vorgreifen und lasse hier lieber Fotos als Worte sprechen - und gab ihm den Namen (dank einer Inspiration von Oskar, eines meiner schwedischen Mitbewohner) Van Halen.
Fruit Picking
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Wie am Ende meines letzten Briefes erwähnt, machte ich mich nach dem Ende meines Jobs in Sydney auf, mir den Wind um die Nase wehen zu lassen und Van Halen dabei die Chance zu geben, sich an mich zu gewöhnen - und umgekehrt. Da ich ohnehin schon geplant hatte, mir die Erfahrung der Arbeit, die hier unter Backpackern als diejenige mit den höchsten, körperlichen Anforderungen und gleichzeitig geringster Bezahlung angesehen war, nämlich der Erntehilfe, nicht zu versagen, brach ich am 20. Dezember in Richtung Gundagai auf. Die Gegend um dieses kleine Kaff ziemlich genau in der Mitte zwischen Sydney und Melbourne ist wegen des Murray Rivers eine sehr fruchtbare, die (neben der großen Anteile im Sunshine-State Queensland) große Mengen an Äpfeln, Kirschen, Pfirsichen etc. produziert.
Die Reise dahin war eine rauhe, da ich bisher einige kleine Schönheitsfehler, die Van Halen hat, unerwähnt gelassen habe.
Erstens - er ist luftgekühlt. Damit meine ich NICHT die Fahrerkabine sondern den kleinen, niedlichen Motor, der am Heck hinter einer ebenso kleinen, ca 60*100cm großen Klappe verborgen ist. Die Folge davon ist, dass man, wenn man nicht Unmengen von Öl verbrennen und den Motor überhitzen will, ungefähr alle 60 bis 90 Minuten eine Pause einlegen muss.
Zweitens - er fährt (mit Gefälle und Rückenwind) 110, wenn man allerdings sparsam fahren möchte, sollte man bei ca. 80 bleiben. Achja, gemeint sind Stundenkilometer. Nicht etwa Miles per hour.
Drittens - er sondert Benzindämpfe ab. Nicht konsequent, aber manchmal, auch (und gerade dann stört es), wenn er steht.
Die ersten beiden Schönheitsfehler habe ich gar nicht als solche empfunden sondern sie sogar zu schätzen gelernt, denn sie haben dafür gesorgt, dass ICH, ein Mensch, der bisher gerne von den Vorzügen von 130 km/h R(/L?)ICHTgeschwindigkeit profitiert hat, die Vorzüge entspannten Reisens kennenlernen durfte - denn so wie Van Halen die Pausen und das gemütliche Vorankommen genoss, so tat ich es auch.
Der letzte Schönheitsfehler allerdings hat das Erlebnis unserer Jungfernfahrt ein wenig getrübt - denn als ich mich am ersten Abend auf einem Rastplatz am Highway zur Ruhe begeben wollte, ließ ich das Orangene PopUp-Dach unten und öffnete nur ein kleines Fenster. Am nächsten Morgen erwachte ich mit einem Schädel, der kaum durch die Schiebetür passen wollte und eine Übelkeit machte sich in meinem Magen breit, die sich nicht wirklich heimisch fühlen konnte, da beide Symptome mir in den letzten 7 Jahren glücklicher Weise erspart geblieben sind. Ich dachte mir, "was soll's, vielleicht wird's ein kleines Frühstück wieder richten" und versuchte mich an einer Schale Cornflakes. Den Rest des Vormittags werde ich mit Rücksicht auf schwache Gemüter in meinen Ausführungen übergehen, nur soviel - ich durfte eine alte Familienweisheit, die ich schon als Kind lernte, mit einem weiterem Indiz unterstützen - TUC Cracker sind eine der wenigen Lebensmittel, die in beide Richtungen gleich schmecken. Nachdem ich allerdings ein paar Stellen in der Nähe des Tanks abgedichtet und zukünftig nur mit ausgefahrenem PopUp schlief, hatte ich keine Beschwerden mehr.
In Gundagai angekommen, besuchte ich erstmal Mike, meinen ehemaligen Mitbewohner, der sich bereits ein paar Wochen vor mir in diese Gegend begeben hatte, um seine Finanzen aufzubessern. Er wohnte in einem speziellen Arbeiter-Hostel, wie es sie in solchen Dörfern oft gibt. Der Deal ist der Folgende: Man bezahlt $120 für eine Woche Unterkunft in einem 4- oder 6-Bett-Zimmer, dafür kümmert sich der "Herbergsvater" darum, seinen Schäfchen Arbeit zu bekommen.
Der typische Fruit-Pick-Tag sieht dann so aus: Morgens um ca. 4:30 aufstehen, fertig machen und frühstücken, um 5:30 kommt dann ein Bus, der (für nochmal $25 pro Woche) das Arbeitsshuttle darstellt und auf die Felder fährt (dauert ca. 1/2 Stunde), dann die eigentliche Arbeit - Größtenteils im Akkord bezahlt, also nach Gewicht oder Volumen oder nach Bäumen - dann, am frühen Nachmittag (je nach Pausensituation, manchmal gibt es eine lange Pause über Mittag wegen der Sonne) die Heimfahrt, umziehen, in's Schwimmbad oder in den Pub - kurz, wer des Rechnens mächtig ist, wird schnell darauf kommen - auf diese Weise Geld zu machen, ist nicht leicht. Es gibt unter den Heerschaaren von Backpackern auch eine gute Anzahl "Locals", Einheimische, die dieser Arbeit beinahe ganzjährig und meist seit ein paar Jahren schon nachgehen und dementsprechend schneller und routinierter sind - DIE verdienen allerdings, zwar nicht unverhältnismäßig, aber eben genug.
Besagter Mike also, war dementsprechend etwas demotiviert und sowieso planmäßig dabei, die Lager abzubrechen, da er (mit der Mehrzahl aller Backpacker, die Australien zu der Zeit unsicher machten) Weihnachten in Sydney an den berühmten Stränden Bondi und Coogee in der Sonne feiern wollte. Derselbe Grund übrigens war es, der mich diesen Zeitpunkt für das, was Oscar Wilde als "bunburysieren", sprich, als Stadtmensch auf's Land zu flüchten, wählen ließ - ich wollte dieser Masse von Verrückten entgehen, denn irgendwie erschloss sich mir der Zusammenhang zwischen Weihnachten und dem, was dort vor sich gehen sollte, nicht. Um ehrlich zu sein habe ich Weihnachten in diesem Jahr (da auch in Batlow, einem kleinen Nest in der Nähe von Gundagai, in das ich umzog, an diesem Tag 35° im Schatten herrschten) einfach ausfallen lassen, denn alles, was Weihnachten für mich ausmachte, war einfach zu weit entfernt - schlechtes Wetter, Familie, Freunde - um gefühlsmäßig in eine passende Stimmung zu geraten - das wäre einfach zu unwirklich und bemüht gewesen. Meine Planung war die, kurz nach Sylvester zurück nach Sydney zu fahren und Meike (die Van Halen und mich begleiten wollte) abzuholen und dann Richtung Melbourne aufzubrechen.
Nach ein paar Tagen in Gundagai, die ich auf einem Campingplatz und hauptsächlich mit Heißklebepistole, Tacker und anderem Werkzeug verbrachte, hatte ich Van Halen in ein wahres Schmuckstück verwandelt: Leopardenfell(-imitat, für alle Tierschützer unter euch) auf den Sitzen und Amaturen, der kleine, seitliche Schrank mit rotem Samt(-imitat, für alle Geldschützer unter euch) verkleidet, Schwarzer Flokati auf dem Boden - das Ganze nahm Gestalt und auch ein wenig Authentizität an. Denn als alter 60'er/70'er-Fan wollte ich mit Van Halen seiner Zeit einen kleinen Schrein errichten.
Jeder Deutschlehrer würde mir an dieser Stelle den Hinweis geben, dass die Überschrift des Kapitels völlig falsch wäre - wären da nicht 2 1/2 Tage echten Fruit-Pickens, die ich genießen durfte: Von Mike hatte ich, bevor er zurück nach Sydney aufbrach, erfahren, dass Batlow, ungefähr 60 km von Gundagai entfernt, jener Ort war, zu dem der Shuttlebus sie regelmäßig brachte. Daher war mein Plan, einfach dorthin zu fahren um auf den Farmen nach Arbeit zu fragen.
Letzten Endes dauerte es dann doch eine Weile, bis ich auf dem Campingplatz dort eine verwandte Seele kennen lernte, Kim, einen Korreaner, der ein geschickter und guter Fruit-Picker war und mir anbot, mich am nächsten Morgen (Abfahrt 6 Uhr) seinem Boss vorzustellen, was ich natürlich gerne annahm.
Der Job war "Apple Thinning" (also Apfelbäume "auszudünnen"), sprich, kleine oder Missgeratene Äpfel lange vor ihrer Zeit von den Ästen zu rupfen, damit der Rest dann besser und schneller wächst. Die Bezahlung - $2 pro Baum. Hört sich nicht nach viel an (vor allem, wenn man bedenkt, dass nach den Steuern noch $1,42 übrig bleiben) - ist es auch nicht. Ich habe sage und schreibe einen dieser Bäume in 2 Stunden geschafft, was einerseits auf einen meiner alten Fehler, Gründlichkeit und Genauigkeit, wo Schnelligkeit gefragt ist und anderseits auf eine mir bis dahin unbekannte, heftige Apfelblütenallergie zurückzuführen ist. Nach diesem Baum gab ich auf und beschloss großzügigst, nicht auf meinen Lohn zu bestehen.
Als Kim dann am Nachmittag zum Campingplatz zurückkehrte, bot er mir an, mir zwei "Locals" vorzustellen, Kurt und Chris, die Kirschen Pflückten. Diese beiden bezeichneten sich selbst als die "faulsten Australier, die ich je treffen würde" und boten mir an, mich am nächsten Morgen (schon eher das, was ich unter "morgens" verstehe, 7:30) zur Kirschplantage mitzunehmen und siehe da - da war eine Arbeit, die mir gefiel, die gut Schmeckte (habe selten so süße, große Kirschen gegessen) und die einen (für mich, der ich oben beschriebene Schwäche für Gründlichkeit habe) akzeptablen Lohn von immerhin ca. $9 pro Stunde hervorbrachte. Trotz dieser Wendung war dann meine Kirschen-Pflücker-Zeit auf zwei Tage beschränkt, da mir zu Ohren kam, dass, wenn man als Kellner oder ähnlich am New Years Eve (Sylvester) arbeitete, man nach 12 Uhr einen horrenden Stundensatz in Sydney bekommen konnte und ich mich so am 30.12., drei Tage früher als geplant, wieder auf den Weg nach Sydney machte.
New Years Eve
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Zurück in Sydney war es ein schönes Wiedersehen mit meinen ehemaligen Flat mates, wobei es wirklich nicht als Running Gag gemeint ist, dass (durch die Zahl von Freunden, die jeder der Backpacker, die dort wohnten, über Weihnachten/Sylvester dort mit einquartierte) die Zahl der Patienten dieses Sanatoriums auf 17 gestiegen war.
Ich fand meinen Sylvester-Job im Luna Park, einem kleinen, stationären Vergnügungspark am Fuße der Harbour Bridge, der auf Grund seiner Lage mit gutem Blick auf das berühmte Feuerwerk für diesen Abend ein ausverkaufter Tummelplatz reicher Snobs war, die sich an diesem Abend nicht scheuten $6 für eine Dose VB, einer ansässigen Biermarke, auszugeben. Alles in Allem war der Abend für mich mehr als gelungen - Ich bekam freie Getränke und Fastfood, hatte Ausblick auf's Feuerwerk und wurde gut bezahlt - was will man mehr?
Van Halen hatte ich in Greenwich, ein nobler kleiner Vorort in der Nähe des Luna Parks in einer Seitenstraße abgestellt und konnte mit Hilfe von ein paar Freunden, (Kimberley, eine australische Barkeeperin, die uns von ihrer Stiefmutter eine Nähmaschine besorgte und Peter und Marthe, die sie virtuos bedienen konnten) in die letzte Phase der Innenausstattung einsteigen - die Anfertigung rot-samtener Gardienen! Nach dieser Episode ging es dann
Auf nach Melbourne
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Neben Meike sollte uns auch Mike begleiten, denn er hatte in seinem "Arbeitslager" in Gundagai ein paar nette Melbourner Jungs kennengelernt, die er besuchen wollte. Von Sydney ging es also erstmal Richtung Canberra, denn ein kleiner Abstecher in die Hauptstadt sollte ja drinsitzen. Die Stadt an sich ist (wie auch ihr Standort zwischen Sydney und Melbourne) sehr geplant und nicht sonderlich interessant für mich gewesen. Anders verhielt es sich mit dem Australien War Memorial, einem Kriegsmuseum, in denen die Geschichte der militärischen Auseinandersetzungen, in die Australien verwickelt war (und das waren zu meiner Verwunderung alle Größeren seit und einschließlich dem 1. Weltkrieg, inkl. Vietnam und Desert Storm), wobei gerade in der Abteilung zum 1. Weltkrieg viele melancholisch stimmende, deutsche, französische und eben auch australische Artefakte wie Schilder (ein deutsches "Kaiserliche-Post"-Schild aus Rabaul, Neu Guinea), Uniformen, Waffen (wie die in Frankreich gekaperte Railgun "Bruno", die mit ihrer Original-Bemalung restauriert wurde und eher an Hundertwasser als an Tarnfleck erinnert), etc. ausgestellt waren.
Insgesamt hat das Museum bei mir nicht den intendierten Eindruck hinterlassen können (einen sehr Nationalbewussten) - was es mir aber in aller Deutlichkeit in's Gedächtnis rufen konnte, waren die Schrecken all dieser sinnlosen Kriege. Da helfen dann auch komisch-morbide (aber offensichtlich ernst gemeinte) Kriegspropaganda wie "Stop - waste paper has vital WAR USES!" oder der Aufruf einer rotwangigen, blonden Schönheit, Mitglied der "Women's Land Army" zu werden (Untertitel "A vital war Job... A healthy Open-Air Life") nicht, von den Grauen der Westfront abzulenken.
Diese Episode verknüpft mit einer Bekanntschaft, die wir auf dem Campingplatz nahe Canberra machten, (einen alten Veteranen, der mit seiner koreanischen Frau (Beute?) einen restaurierten "Blitzwagen", wie er sein Ford Panzerwagen liebevoll titulierte, bewohnte und uns mit einem - leicht aus der Mode gekommenen - "Sieg Heil" unterhalten wollte) lässt mich (entgegen der lauter werdenen Stimmen unter meiner Generation, das Schule, Museen etc. uns schon zu sehr mit dem Nationalsozialismus gequält haben) intensiver als je davon überzeugt sein, dass das Geschehene nie in Vergessenheit geraten darf - damit es sich nicht wiederhole!
Ein klarer Bruch zu diesen Erlebnissen stellt die Weiterreise dar, auf der wir, einen großen Umweg in Kauf nehmend, zurück zur Küste, genauer nach Bateman's Bay fuhren. Wir hatten das Glück, von der Polizei unbehelligt mit Van Halen direkt am Strand unser Lager aufschlagen zu können, genossen Sonnenunter- und Aufgang und meanderten auch die folgenden Tage gemütlich von Küstenstadt zu Küstenstadt um schließlich Melbourne zu erreichen.
Melbourne, St.Kilda, Williamstown
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Dieser zweite, große Stadtmoloch ist ein ganz anderer als Sydney - wobei ich nicht verschweigen möchte, dass das auch an den unterschiedlichen Ausgangssituationen liegen kann, von denen ich die beiden Großstädte erleben durfte - Sydney, wo ich vom Beginn bis zum Ende (bis auf kleine Ausflüge) im "CBD", im Central Bureau District, in dem sich das Stadtbild hauptsächlich auf eben besagte Büro's und Appartements in Hochhausform, internationales Fastfood, Touristenattraktionen wie die Häfen und Modegeschäfte beschränkte, gelebt habe - tja, und Melbourne, ein unbekanntes, weites Feld ohne viele Anlaufpunkte. Nachdem wir Mike bei seinem Bekannten abgeliefert hatten, ging es erstmal daran, das "base"-Hostel, ein Ableger derselben Kette, in der Meike und ich auch in Sydney gearbeitet und gelebt hatten, zu finden um (mit dem überschwenglichen Zeugnis in der Hand) einen Job zu finden.
Dieses Unterfangen war fruchtlos, da die Hochsaison (Weihnachten und Neujahr) gerade vorbei war und das Hostel ausreichend Personal beschäftigte, worauf wir ein paar Tage in St. Kilda, dem umgebenden Stadteil zubrachten und uns doch sehr viel heimischer, kontinentaler, als im glamourösen Sydney fühlten. Richtige, KLEINE Häuser, zusammengewürfelt wie in einer leicht mediterran angehauchten Kleinstadt, bestimmten die vorherschende Architektur und - zum ersten Mal in seit meinem Exodus, gab es RICHTIGES Brot zu essen - nicht ein Schwammiges etwas, dass, egal mit welchen Farbstoffen oder Körnern versetzt, sich auf 3 cm³ komprimieren ließ!
Eine gute weitere Woche verbrachten wir in Williamstown, dem nächstgelegenen Vorort, der einen Campingplatz hatte und der sich auf eine nette, günstige Wochenmiete einließ. In dieser Zeit verbrachte ich viel Zeit damit, meine gesammelten, bildhaften Erinnerungen zu ordnen und zu benennen - meine Fotos - und ein wenig Webentwicklung für einen Freund zu betreiben. Als Arbeitsplatz diente mir die örtliche Bücherei - die mir neben netten, meist stillem, klimatisierten Ambiente auch kostenloses Internet bot.
Das Treffen mit Birger, einem alten Schulfreund aus Münster, der schon seit ein paar Jahren hier in Melbourne angewandte Computerwissenschaften studierte, war ein seltsames, schönes Erlebnis. Beim Barbie (-Q) auf dem Camping-Platz (habe ich gesagt es gäbe NICHTS typisch Australisches, wenn es um Essen geht?) über vergangene Zeiten, Lehrer, Erlebnisse zu plaudern hatte schon etwas sehr irreales.
Homonym Ausblick
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Nebenbei (aber wirklich und aufrichtig zugegeben nebenbei) sah ich mich nach Arbeit um, ohne große Anstrengung und mit ebenso geringem Erfolg. Wenn ich jetzt meinen Blick aus Van Halen heraus auf den Ozean, den Pier, das kleine Seafood-Restaurant und den Strand mit rauhen, schönen Felsen gleiten lasse, dann denke ich, dass die Umstände meinem Vertrauen in glückliche Fügung, das ich schon ein paar Jahre mit mir herumschleppe und nicht abwerfen kann, mal wieder Recht geben.
Doch wie kommt man vom industriellen Melbourne in ein so traumhaftes Ambiente? Wie von der temporären Arbeitslosigkeit zu Lohn UND nicht nur Brot sondern gar Focaccia? Ich werde es euch schreiben - im nächsten Bericht.
Ich melde mich wieder.
Und zwar früher als sonst - mit einer Überraschung.
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went down (under), Freddy Komp
Hallo zusammen!
Lang, lang ist's her, wird mancher sagen und doch ist erst etwas mehr als ein Monat vergangen seit meiner letzten, ausführlichen Mail.
Zur Auflösung des Rätsels um die letzte Sammelkarte - es handelt sich hierbei WEDER um den Versuch, Ersatz für Meike und mich , die das ohnehin gut gefüllte Appartment (die mit meiner Neuerwerbung, einem wunderbaren VW T2 von '72 (einem Campingbus) mit Pop-up-dach) kurz nach Sylvester verlassen haben, zu finden NOCH um den Versuch, Den Campingbus mit einer vergleichbaren Menschendichte auszustatten - nein, es handelt sich schlicht um 2 typische Sydneyer Kontaktanzeigen. Da die Wohnungen hier (wie beschrieben) wöchentlich vermietet werden, unkompliziert zu kündigen sind und man sich - mehr wegen Platzmangels als aus purer Sympathie - näher kommt, wird das spontane Zusammenziehen VOR dem Kennenlernen zu einem sich schnell verbreitenden Trend .
So - wo war ich? Achja, ich glaube, ich endete mit "Ich melde mich wieder." (bitte sagt mir, wenn ich mich wiederholen sollte)
Bevor ich nun in meinen Ozean tauche - und das werde ich diesmal wirklich, denn es gibt wirklich viel zu erzählen, ("Whenever the literary German dives into a sentence, that is the last you are going to see of him till he emerges on the other side of his Atlantic with his verb in his mouth" - Mark Twain, 'A Connecticut Yankee in King Arthur's Court') bitte ich wie immer darum, diese Mail an euer jeweiliges Umfeld... aber der Rest ist ja bekannt.
Van Halen
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In den letzen Tagen meiner Administrationsarbeit in Sydney begann ich, mich nach einem fahrbaren Untersatz umzusehen. Da mein Arbeitgeber das Gebäude mit der Work&Travel Company teilte, das dementsprechend eine Menge Backpacker pro Tag sah, war das Schwarze Brett immer voll von mehr oder weniger günstigen Gebrauchtwagen. Es ist quasi eine Tradition unter Backpackern, die sich während ihres Aufenthaltes im Land der Känguruhs ein Auto leisten, es VON Backpackern zu kaufen und nach den paar Monaten Benutzung ohne großen Wertverlust wieder AN Backpacker zu verkaufen.
Es gibt drei Haupttrends: Ford Falcon Station Wagons (wir würden es "Kombi" nennen), weit verbreitet, Ersatzteile an jeder Ecke, auch in der Wüste, wenn man zu zweit fährt, lässt es sich sogar einigermaßen komfortabel auf der umgeklappten Rückbank/im Kofferraum nächtigen; dann (für die besser betuchten) die 4WD (Allradantrieb) meisst von Toyota, besser geeignet, wenn man richtig in's Outback will und eventuell sogar die ohnehin nicht besonders gut ausgebauten Straßen verlassen will; schließlich und endlich die "niederländische Variante" - Ein Campingbus, heutzutage meist Mazda, Mitsubishi,... aber eben auch eine nicht zu verachtende Zahl "good ol' Volkswagen" - und das "good ol'" ist hier wirklich wörtlich zu nehmen (es gibt teilweise sogar noch ein paar T1, die noch eine geteilte Windschutzscheibe haben), denn, wenn der Wagen nicht gerade Jahrelang direkt an der See steht, ist das australische Klima sehr gut geeignet, ein Auto zu konservieren.
Nun, mein "Flat mate" Meike machte mich auf das zukünftige Objekt meiner Fürsorge und Leidenschaft aufmerksam - der oben erwähnte VW T2, 8 Jahre älter als ich, oberflächlich ein wenig rostig, die orangenen Sitze noch originalbespannt (und dementsprechend verschlissen), klebrige Plastikgardienen, in Braun- und Ockertönen - ich denke, jeder, der zu dieser Zeit schon auf dieser Erde wandelte, weiss, wovon ich spreche.
Als das erste Treffen ausgemacht war und wir per ÖPNV nach Northbridge (ein reicher Vorort im Norden Sydneys) aufbrachen, hatte ich die Chance, mich ein wenig mit dem Vorbesitzer, einem 18-jährigen Studenten aus der Gegend um Lausanne, zu unterhalten. Der Bulli hatte ein durchaus bewegtes Leben gehabt - gut, das wundert nicht - und dabei auch ein wenig gelitten, wurde aber (wie eine ansehnliche Sammlung von Werkstattrechnungen und Wartungsberichten belegte) von den letzten paar Besitzern gut behandelt und wieder in Schuss gebracht. Als ich ihn dann von Angesicht zu Scheinwerfer/Känguruhfänger sah, war's um mich geschehen!
Kurz und gut, nach ein paar Probefahrten, einer ausführlich Inspektion (Danke nochmal an Peter für die Checkliste und den Support) konnte ich den Preis nochmal um 25% drücken (in dem Bewusstsein, dass ein Motor, der mehr als 300000 km gefahren hat auch irgendwann seine ewige Ruhe verdient hat) war das Vehikel mein und ich begann, mich häusslich zu machen - aber ich will nicht vorgreifen und lasse hier lieber Fotos als Worte sprechen - und gab ihm den Namen (dank einer Inspiration von Oskar, eines meiner schwedischen Mitbewohner) Van Halen.
Fruit Picking
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Wie am Ende meines letzten Briefes erwähnt, machte ich mich nach dem Ende meines Jobs in Sydney auf, mir den Wind um die Nase wehen zu lassen und Van Halen dabei die Chance zu geben, sich an mich zu gewöhnen - und umgekehrt. Da ich ohnehin schon geplant hatte, mir die Erfahrung der Arbeit, die hier unter Backpackern als diejenige mit den höchsten, körperlichen Anforderungen und gleichzeitig geringster Bezahlung angesehen war, nämlich der Erntehilfe, nicht zu versagen, brach ich am 20. Dezember in Richtung Gundagai auf. Die Gegend um dieses kleine Kaff ziemlich genau in der Mitte zwischen Sydney und Melbourne ist wegen des Murray Rivers eine sehr fruchtbare, die (neben der großen Anteile im Sunshine-State Queensland) große Mengen an Äpfeln, Kirschen, Pfirsichen etc. produziert.
Die Reise dahin war eine rauhe, da ich bisher einige kleine Schönheitsfehler, die Van Halen hat, unerwähnt gelassen habe.
Erstens - er ist luftgekühlt. Damit meine ich NICHT die Fahrerkabine sondern den kleinen, niedlichen Motor, der am Heck hinter einer ebenso kleinen, ca 60*100cm großen Klappe verborgen ist. Die Folge davon ist, dass man, wenn man nicht Unmengen von Öl verbrennen und den Motor überhitzen will, ungefähr alle 60 bis 90 Minuten eine Pause einlegen muss.
Zweitens - er fährt (mit Gefälle und Rückenwind) 110, wenn man allerdings sparsam fahren möchte, sollte man bei ca. 80 bleiben. Achja, gemeint sind Stundenkilometer. Nicht etwa Miles per hour.
Drittens - er sondert Benzindämpfe ab. Nicht konsequent, aber manchmal, auch (und gerade dann stört es), wenn er steht.
Die ersten beiden Schönheitsfehler habe ich gar nicht als solche empfunden sondern sie sogar zu schätzen gelernt, denn sie haben dafür gesorgt, dass ICH, ein Mensch, der bisher gerne von den Vorzügen von 130 km/h R(/L?)ICHTgeschwindigkeit profitiert hat, die Vorzüge entspannten Reisens kennenlernen durfte - denn so wie Van Halen die Pausen und das gemütliche Vorankommen genoss, so tat ich es auch.
Der letzte Schönheitsfehler allerdings hat das Erlebnis unserer Jungfernfahrt ein wenig getrübt - denn als ich mich am ersten Abend auf einem Rastplatz am Highway zur Ruhe begeben wollte, ließ ich das Orangene PopUp-Dach unten und öffnete nur ein kleines Fenster. Am nächsten Morgen erwachte ich mit einem Schädel, der kaum durch die Schiebetür passen wollte und eine Übelkeit machte sich in meinem Magen breit, die sich nicht wirklich heimisch fühlen konnte, da beide Symptome mir in den letzten 7 Jahren glücklicher Weise erspart geblieben sind. Ich dachte mir, "was soll's, vielleicht wird's ein kleines Frühstück wieder richten" und versuchte mich an einer Schale Cornflakes. Den Rest des Vormittags werde ich mit Rücksicht auf schwache Gemüter in meinen Ausführungen übergehen, nur soviel - ich durfte eine alte Familienweisheit, die ich schon als Kind lernte, mit einem weiterem Indiz unterstützen - TUC Cracker sind eine der wenigen Lebensmittel, die in beide Richtungen gleich schmecken. Nachdem ich allerdings ein paar Stellen in der Nähe des Tanks abgedichtet und zukünftig nur mit ausgefahrenem PopUp schlief, hatte ich keine Beschwerden mehr.
In Gundagai angekommen, besuchte ich erstmal Mike, meinen ehemaligen Mitbewohner, der sich bereits ein paar Wochen vor mir in diese Gegend begeben hatte, um seine Finanzen aufzubessern. Er wohnte in einem speziellen Arbeiter-Hostel, wie es sie in solchen Dörfern oft gibt. Der Deal ist der Folgende: Man bezahlt $120 für eine Woche Unterkunft in einem 4- oder 6-Bett-Zimmer, dafür kümmert sich der "Herbergsvater" darum, seinen Schäfchen Arbeit zu bekommen.
Der typische Fruit-Pick-Tag sieht dann so aus: Morgens um ca. 4:30 aufstehen, fertig machen und frühstücken, um 5:30 kommt dann ein Bus, der (für nochmal $25 pro Woche) das Arbeitsshuttle darstellt und auf die Felder fährt (dauert ca. 1/2 Stunde), dann die eigentliche Arbeit - Größtenteils im Akkord bezahlt, also nach Gewicht oder Volumen oder nach Bäumen - dann, am frühen Nachmittag (je nach Pausensituation, manchmal gibt es eine lange Pause über Mittag wegen der Sonne) die Heimfahrt, umziehen, in's Schwimmbad oder in den Pub - kurz, wer des Rechnens mächtig ist, wird schnell darauf kommen - auf diese Weise Geld zu machen, ist nicht leicht. Es gibt unter den Heerschaaren von Backpackern auch eine gute Anzahl "Locals", Einheimische, die dieser Arbeit beinahe ganzjährig und meist seit ein paar Jahren schon nachgehen und dementsprechend schneller und routinierter sind - DIE verdienen allerdings, zwar nicht unverhältnismäßig, aber eben genug.
Besagter Mike also, war dementsprechend etwas demotiviert und sowieso planmäßig dabei, die Lager abzubrechen, da er (mit der Mehrzahl aller Backpacker, die Australien zu der Zeit unsicher machten) Weihnachten in Sydney an den berühmten Stränden Bondi und Coogee in der Sonne feiern wollte. Derselbe Grund übrigens war es, der mich diesen Zeitpunkt für das, was Oscar Wilde als "bunburysieren", sprich, als Stadtmensch auf's Land zu flüchten, wählen ließ - ich wollte dieser Masse von Verrückten entgehen, denn irgendwie erschloss sich mir der Zusammenhang zwischen Weihnachten und dem, was dort vor sich gehen sollte, nicht. Um ehrlich zu sein habe ich Weihnachten in diesem Jahr (da auch in Batlow, einem kleinen Nest in der Nähe von Gundagai, in das ich umzog, an diesem Tag 35° im Schatten herrschten) einfach ausfallen lassen, denn alles, was Weihnachten für mich ausmachte, war einfach zu weit entfernt - schlechtes Wetter, Familie, Freunde - um gefühlsmäßig in eine passende Stimmung zu geraten - das wäre einfach zu unwirklich und bemüht gewesen. Meine Planung war die, kurz nach Sylvester zurück nach Sydney zu fahren und Meike (die Van Halen und mich begleiten wollte) abzuholen und dann Richtung Melbourne aufzubrechen.
Nach ein paar Tagen in Gundagai, die ich auf einem Campingplatz und hauptsächlich mit Heißklebepistole, Tacker und anderem Werkzeug verbrachte, hatte ich Van Halen in ein wahres Schmuckstück verwandelt: Leopardenfell(-imitat, für alle Tierschützer unter euch) auf den Sitzen und Amaturen, der kleine, seitliche Schrank mit rotem Samt(-imitat, für alle Geldschützer unter euch) verkleidet, Schwarzer Flokati auf dem Boden - das Ganze nahm Gestalt und auch ein wenig Authentizität an. Denn als alter 60'er/70'er-Fan wollte ich mit Van Halen seiner Zeit einen kleinen Schrein errichten.
Jeder Deutschlehrer würde mir an dieser Stelle den Hinweis geben, dass die Überschrift des Kapitels völlig falsch wäre - wären da nicht 2 1/2 Tage echten Fruit-Pickens, die ich genießen durfte: Von Mike hatte ich, bevor er zurück nach Sydney aufbrach, erfahren, dass Batlow, ungefähr 60 km von Gundagai entfernt, jener Ort war, zu dem der Shuttlebus sie regelmäßig brachte. Daher war mein Plan, einfach dorthin zu fahren um auf den Farmen nach Arbeit zu fragen.
Letzten Endes dauerte es dann doch eine Weile, bis ich auf dem Campingplatz dort eine verwandte Seele kennen lernte, Kim, einen Korreaner, der ein geschickter und guter Fruit-Picker war und mir anbot, mich am nächsten Morgen (Abfahrt 6 Uhr) seinem Boss vorzustellen, was ich natürlich gerne annahm.
Der Job war "Apple Thinning" (also Apfelbäume "auszudünnen"), sprich, kleine oder Missgeratene Äpfel lange vor ihrer Zeit von den Ästen zu rupfen, damit der Rest dann besser und schneller wächst. Die Bezahlung - $2 pro Baum. Hört sich nicht nach viel an (vor allem, wenn man bedenkt, dass nach den Steuern noch $1,42 übrig bleiben) - ist es auch nicht. Ich habe sage und schreibe einen dieser Bäume in 2 Stunden geschafft, was einerseits auf einen meiner alten Fehler, Gründlichkeit und Genauigkeit, wo Schnelligkeit gefragt ist und anderseits auf eine mir bis dahin unbekannte, heftige Apfelblütenallergie zurückzuführen ist. Nach diesem Baum gab ich auf und beschloss großzügigst, nicht auf meinen Lohn zu bestehen.
Als Kim dann am Nachmittag zum Campingplatz zurückkehrte, bot er mir an, mir zwei "Locals" vorzustellen, Kurt und Chris, die Kirschen Pflückten. Diese beiden bezeichneten sich selbst als die "faulsten Australier, die ich je treffen würde" und boten mir an, mich am nächsten Morgen (schon eher das, was ich unter "morgens" verstehe, 7:30) zur Kirschplantage mitzunehmen und siehe da - da war eine Arbeit, die mir gefiel, die gut Schmeckte (habe selten so süße, große Kirschen gegessen) und die einen (für mich, der ich oben beschriebene Schwäche für Gründlichkeit habe) akzeptablen Lohn von immerhin ca. $9 pro Stunde hervorbrachte. Trotz dieser Wendung war dann meine Kirschen-Pflücker-Zeit auf zwei Tage beschränkt, da mir zu Ohren kam, dass, wenn man als Kellner oder ähnlich am New Years Eve (Sylvester) arbeitete, man nach 12 Uhr einen horrenden Stundensatz in Sydney bekommen konnte und ich mich so am 30.12., drei Tage früher als geplant, wieder auf den Weg nach Sydney machte.
New Years Eve
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Zurück in Sydney war es ein schönes Wiedersehen mit meinen ehemaligen Flat mates, wobei es wirklich nicht als Running Gag gemeint ist, dass (durch die Zahl von Freunden, die jeder der Backpacker, die dort wohnten, über Weihnachten/Sylvester dort mit einquartierte) die Zahl der Patienten dieses Sanatoriums auf 17 gestiegen war.
Ich fand meinen Sylvester-Job im Luna Park, einem kleinen, stationären Vergnügungspark am Fuße der Harbour Bridge, der auf Grund seiner Lage mit gutem Blick auf das berühmte Feuerwerk für diesen Abend ein ausverkaufter Tummelplatz reicher Snobs war, die sich an diesem Abend nicht scheuten $6 für eine Dose VB, einer ansässigen Biermarke, auszugeben. Alles in Allem war der Abend für mich mehr als gelungen - Ich bekam freie Getränke und Fastfood, hatte Ausblick auf's Feuerwerk und wurde gut bezahlt - was will man mehr?
Van Halen hatte ich in Greenwich, ein nobler kleiner Vorort in der Nähe des Luna Parks in einer Seitenstraße abgestellt und konnte mit Hilfe von ein paar Freunden, (Kimberley, eine australische Barkeeperin, die uns von ihrer Stiefmutter eine Nähmaschine besorgte und Peter und Marthe, die sie virtuos bedienen konnten) in die letzte Phase der Innenausstattung einsteigen - die Anfertigung rot-samtener Gardienen! Nach dieser Episode ging es dann
Auf nach Melbourne
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Neben Meike sollte uns auch Mike begleiten, denn er hatte in seinem "Arbeitslager" in Gundagai ein paar nette Melbourner Jungs kennengelernt, die er besuchen wollte. Von Sydney ging es also erstmal Richtung Canberra, denn ein kleiner Abstecher in die Hauptstadt sollte ja drinsitzen. Die Stadt an sich ist (wie auch ihr Standort zwischen Sydney und Melbourne) sehr geplant und nicht sonderlich interessant für mich gewesen. Anders verhielt es sich mit dem Australien War Memorial, einem Kriegsmuseum, in denen die Geschichte der militärischen Auseinandersetzungen, in die Australien verwickelt war (und das waren zu meiner Verwunderung alle Größeren seit und einschließlich dem 1. Weltkrieg, inkl. Vietnam und Desert Storm), wobei gerade in der Abteilung zum 1. Weltkrieg viele melancholisch stimmende, deutsche, französische und eben auch australische Artefakte wie Schilder (ein deutsches "Kaiserliche-Post"-Schild aus Rabaul, Neu Guinea), Uniformen, Waffen (wie die in Frankreich gekaperte Railgun "Bruno", die mit ihrer Original-Bemalung restauriert wurde und eher an Hundertwasser als an Tarnfleck erinnert), etc. ausgestellt waren.
Insgesamt hat das Museum bei mir nicht den intendierten Eindruck hinterlassen können (einen sehr Nationalbewussten) - was es mir aber in aller Deutlichkeit in's Gedächtnis rufen konnte, waren die Schrecken all dieser sinnlosen Kriege. Da helfen dann auch komisch-morbide (aber offensichtlich ernst gemeinte) Kriegspropaganda wie "Stop - waste paper has vital WAR USES!" oder der Aufruf einer rotwangigen, blonden Schönheit, Mitglied der "Women's Land Army" zu werden (Untertitel "A vital war Job... A healthy Open-Air Life") nicht, von den Grauen der Westfront abzulenken.
Diese Episode verknüpft mit einer Bekanntschaft, die wir auf dem Campingplatz nahe Canberra machten, (einen alten Veteranen, der mit seiner koreanischen Frau (Beute?) einen restaurierten "Blitzwagen", wie er sein Ford Panzerwagen liebevoll titulierte, bewohnte und uns mit einem - leicht aus der Mode gekommenen - "Sieg Heil" unterhalten wollte) lässt mich (entgegen der lauter werdenen Stimmen unter meiner Generation, das Schule, Museen etc. uns schon zu sehr mit dem Nationalsozialismus gequält haben) intensiver als je davon überzeugt sein, dass das Geschehene nie in Vergessenheit geraten darf - damit es sich nicht wiederhole!
Ein klarer Bruch zu diesen Erlebnissen stellt die Weiterreise dar, auf der wir, einen großen Umweg in Kauf nehmend, zurück zur Küste, genauer nach Bateman's Bay fuhren. Wir hatten das Glück, von der Polizei unbehelligt mit Van Halen direkt am Strand unser Lager aufschlagen zu können, genossen Sonnenunter- und Aufgang und meanderten auch die folgenden Tage gemütlich von Küstenstadt zu Küstenstadt um schließlich Melbourne zu erreichen.
Melbourne, St.Kilda, Williamstown
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Dieser zweite, große Stadtmoloch ist ein ganz anderer als Sydney - wobei ich nicht verschweigen möchte, dass das auch an den unterschiedlichen Ausgangssituationen liegen kann, von denen ich die beiden Großstädte erleben durfte - Sydney, wo ich vom Beginn bis zum Ende (bis auf kleine Ausflüge) im "CBD", im Central Bureau District, in dem sich das Stadtbild hauptsächlich auf eben besagte Büro's und Appartements in Hochhausform, internationales Fastfood, Touristenattraktionen wie die Häfen und Modegeschäfte beschränkte, gelebt habe - tja, und Melbourne, ein unbekanntes, weites Feld ohne viele Anlaufpunkte. Nachdem wir Mike bei seinem Bekannten abgeliefert hatten, ging es erstmal daran, das "base"-Hostel, ein Ableger derselben Kette, in der Meike und ich auch in Sydney gearbeitet und gelebt hatten, zu finden um (mit dem überschwenglichen Zeugnis in der Hand) einen Job zu finden.
Dieses Unterfangen war fruchtlos, da die Hochsaison (Weihnachten und Neujahr) gerade vorbei war und das Hostel ausreichend Personal beschäftigte, worauf wir ein paar Tage in St. Kilda, dem umgebenden Stadteil zubrachten und uns doch sehr viel heimischer, kontinentaler, als im glamourösen Sydney fühlten. Richtige, KLEINE Häuser, zusammengewürfelt wie in einer leicht mediterran angehauchten Kleinstadt, bestimmten die vorherschende Architektur und - zum ersten Mal in seit meinem Exodus, gab es RICHTIGES Brot zu essen - nicht ein Schwammiges etwas, dass, egal mit welchen Farbstoffen oder Körnern versetzt, sich auf 3 cm³ komprimieren ließ!
Eine gute weitere Woche verbrachten wir in Williamstown, dem nächstgelegenen Vorort, der einen Campingplatz hatte und der sich auf eine nette, günstige Wochenmiete einließ. In dieser Zeit verbrachte ich viel Zeit damit, meine gesammelten, bildhaften Erinnerungen zu ordnen und zu benennen - meine Fotos - und ein wenig Webentwicklung für einen Freund zu betreiben. Als Arbeitsplatz diente mir die örtliche Bücherei - die mir neben netten, meist stillem, klimatisierten Ambiente auch kostenloses Internet bot.
Das Treffen mit Birger, einem alten Schulfreund aus Münster, der schon seit ein paar Jahren hier in Melbourne angewandte Computerwissenschaften studierte, war ein seltsames, schönes Erlebnis. Beim Barbie (-Q) auf dem Camping-Platz (habe ich gesagt es gäbe NICHTS typisch Australisches, wenn es um Essen geht?) über vergangene Zeiten, Lehrer, Erlebnisse zu plaudern hatte schon etwas sehr irreales.
Homonym Ausblick
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Nebenbei (aber wirklich und aufrichtig zugegeben nebenbei) sah ich mich nach Arbeit um, ohne große Anstrengung und mit ebenso geringem Erfolg. Wenn ich jetzt meinen Blick aus Van Halen heraus auf den Ozean, den Pier, das kleine Seafood-Restaurant und den Strand mit rauhen, schönen Felsen gleiten lasse, dann denke ich, dass die Umstände meinem Vertrauen in glückliche Fügung, das ich schon ein paar Jahre mit mir herumschleppe und nicht abwerfen kann, mal wieder Recht geben.
Doch wie kommt man vom industriellen Melbourne in ein so traumhaftes Ambiente? Wie von der temporären Arbeitslosigkeit zu Lohn UND nicht nur Brot sondern gar Focaccia? Ich werde es euch schreiben - im nächsten Bericht.
Ich melde mich wieder.
Und zwar früher als sonst - mit einer Überraschung.
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went down (under), Freddy Komp