"Er hat sich nicht mehr bewegt"
19-Jähriger begeht vor Hunderten Gaffern Selbstmord im Internet
New York - Es dauerte zwölf Stunden, bis endlich ein paar Polizisten im Bild der Webcam auftauchten und sich über den Körper von Abraham Biggs beugten, der dort schon sehr lange unbeweglich gelegen hatte. Doch da war der 19-Jährige in seinem Schlafzimmer in Pembroke Pines, Florida, längst gestorben. Vermutlich haben Hunderte seinen Selbstmord live im Internet beobachtet. Manche hatten ihn angefeuert dabei, einige hatten versucht, ihm seine Pläne auszureden, viele hielten ihn für einen Simulanten.
"Fragt einen Typen, der heute Abend eine Überdosis nimmt, was immer ihr wollt" lautete das Thema, zu dem "CandyJunkie" auf der Website bodybuilding.com eingeladen hatte. Dort fand sich ein Link zu einer weiteren Website, justin.tv, wo später der Livestream zu sehen war. Seit dem letzten Jahr hatte "CandyJunkie" immer wieder tagebuchartige Bekenntnisse von zerrütteten Beziehungen auf bodybuilding.com veröffentlicht. Und schon mehrfach seinen Selbstmord angekündigt. "Heute Nacht nehm" ich 40 Tabletten", schrieb er erst Anfang des Monats. Dieses Mal machte er ernst. Nachdem er eine Mischung aus Opiaten und Psychopharmaka geschluckt hatte, die ihm für seine bipolare Störung verschrieben worden waren, legte sich Biggs vor laufender Kamera auf sein Bett und schlief ein.
Bevor Biggs seinen Plan wahrmachte, ermutigten ihn viele der Website-Besucher: "Mach schon endlich!" Doch das Bild des auf seinem Bett liegenden Biggs beunruhigte zumindest einige: "Ähmm, er hat sich schon eine ganze Weile nicht mehr bewegt", schrieb einer der Zuschauer, die die Szene kommentierten. Doch als einer die Moderatorin der Website kontaktierte, wiegelte die genervt ab: "Er will nur Aufmerksamkeit. Ihr solltet sehen, was der hier schon alles angekündigt hat." Erst Stunden später benachrichtigte ein Voyeur die Behörden, immer noch in erstaunlich gelassenem Ton: "Die Polizei ist dran. . . . Schaut auf die Webcam, gleich treten die Bullen seine Tür ein." Erst als die voyeuristische Webgemeinde realisierte, dass Biggs seit Stunden tot ist, verstummten die Zyniker. "Ich kann kaum glauben, was ich hier gerade in meinem Büro gesehen habe", schrieb einer.
Es war nicht der erste Selbstmord im Internet. Letztes Jahr erhängte sich ein Brite während er online chattete. Ein anderer Amerikaner schoss sich vor Web-Publikum in den Kopf. Doch Biggs Suizid ist der erste, der auf einer vor allem von Schülern frequentierten Website stattfand. Nun wird befürchtet, dass andere nachfolgen. Jörg Häntzschel
Boah... das ist ja unglaublich. Traurige Berühmtheit...