Songtexte Interpretation (Hier:Destiallat/Das Ich)

Beitragvon Palene » 15. Jul 2011, 07:16

Huhu!

Aaaalsooo ... ich interessiere mich ja oft für die Texte irgendwelcher Lieder und ärgere mich (nicht sehr), wenn ich sie auf Parties nicht verstehe. Aber man kann ja nachgucken. Und dabei kommt dann oft raus, dass ich jetzt zwar die Worte verstehe, aber immer noch nicht sicher bin, ob ich den Text insgesamt verstehe... so "hermeneutik-mäßig". Und da es ja vlt. noch mehr Menschen geben könnte, denen es ähnlich geht, könnten wir uns doch ein wenig austauschen. Es gibt zwar eine Menge Texte, zu denen ich Fragen hätte, aber ich fange mal mit "Destillat" an... Immer erst ein Stück Text, dann in Klammern meine Gedanken, Assoziation, Fragen... ungeordnet, wie es mir in den Kopf kommt.

Bilder die Worte spielen
und sich in dir verlieren
um ganz still zu liegen
Fragen und erinnern
sich auch an das Brett
auf dem der Knabe spielt
das in dem Keller steht
in dem der Mensch sich dreht

[Was sind "Bilder, die Worte spielen"? Dann wird m. E. nach eine Art von "seltsamer", evtl. "entfremdeter" innerer Befindlichkeit gesprochen. PsychoMenschen würden vlt. von Derpersonalisation, Derealisation oder ähnlichem sprechen.Was meint ihr? Dann wird auf Kindheit angespielt und diese mit eher düsteren Begriffen verbunden, "Keller", Menschen, die sich (sinnlos?) drehen, wahrscheinlich nicht "raus" können. Insgesamt scheint der Textabschnitt es darauf anzulegen, "unverständlich", verwirrend und bedrohlich zu sein - passend zur dargestellen inneren Befindlichkeit].

Gib mir dein Destillat
Gib mir mein Alltagstod
Gib mir mein Gnadenbrot
zur Ewigkeit

[Hier findet sich meine "Hauptfrage". Was ist mit "Destillat" gemeint? Eine chemische Substanz, klar. Aber alle Substanzen sind chemisch...; etwas, das in einem Labor gewonnen wird und in dieser Form nicht "am Baum wächst". Eine Droge? Die oben beschriebene "quälende" Gemütsverfassung würde sich ja vlt. mit einer Droge oder auch einem Medikament bessern lassen. "Alltagstod" klingt nach regelmäßiger Einnahme, gehört zum Alltag. "Tod" ließe auf ein Betäubungsmittel schließen. "Zur Ewigkeit" spielt natürlich auch auf den Tod an. Also könnte die fragliche Substanz stark schädigend oder sogar direkt tödlich sein. Frage also: Ist der Tod das Ziel oder wird er aus der Not (Abhängigkeit) heraus nur in Kauf genommen? Geht es um Drogenmissbrauch oder Suizid? Oder liege ich gänzlich falsch?]

Da wird auch Zweifel sein
Da wird auch Zaudern sein
Da wird Unglaube sein
wie alle einsam und allein

[Passt für mich besser zum Suizid-Thema. Suizidale Gedanken werden bestimmt in aller Regel von Zweifeln, Zaudern etc. begleitet. Drogenkonsum bringe ich damit weniger in Verbindung.]

Wenn ein andrer in mir schreit
schmerzvolles großes Leid
Geburt und Schicksal weht
wie Luft an mir vorbei

[Passt wieder zur Derpersonalisation - sich gar nicht als sich selbst fühlen - "ein anderer schreit", "Alles-egal-Stimmung", Geburt und Schicksal fühlen sich belanglos an].

Mein Herz gebärt die Qual
Ein allerletztes mal
Ein toter Musikant
spielt das stille Lied

[Ein letztes Mal? Wieder eher Suizid als Droge, oder? Und der Musikant passt ja auch dazu...]

Gib mir dein Destillat
Gib mir mein Alltagstod
Gib mir mein Gnadenbrot
zur Ewigkeit

Da wird auch Zweifel sein
Es wird viel Zaudern sein
Da wird Unglaube sein
Wir alle einsam und allein

[Das hatten wa ja alles schon]-

So - dazu sagen sollte ich vlt. noch, dass ich den Text irgendwo aus dem Netz gefischt habe. Kann natürlich fehlerhaft sein. Sollte jemand aus irgendwelchen Interviews offizielle Verlautbarungen dazu kennen, worum es geht - interessiert mich natürlich auch.

Soweit, würde mich freuen, andere Meinungen zu lesen.
Gruß, Pal
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Beitragvon asye_usu » 15. Jul 2011, 09:12

Zunächst das Positive: Schön, dass es mal wieder einen ausführlicheren Beitrag hier gibt.
Meine Meinung zu dem Text von "Das Ich":
Aus meiner Sicht lohnt es kaum sich über derartige Texte Gedanken zu machen. Sprachlich m.e. ganz schlimm und inhaltlich das (leider oft) übliche leere "Szene"-Blablabla (Tod, Schmerz, Leid, Qual). Macht seeeehr betroffen. Ich denke Du hast Dir erheblich mehr Gedanken über den Text gemacht als der Autor. :ph34r:
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Beitragvon ketzer » 15. Jul 2011, 09:46

Aber zu der Musik kann man tanzen. Und die beiden sind auf der Bühne einfach zum Schießen. Über die Texte, muss ich gestehen, habe ich mir nie Gedanken gemacht.
Vielleicht kann da ein anderer.. nochmal... ?
Ich weiß, guter Geschmack macht sehr einsam.
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Beitragvon Sagaart » 15. Jul 2011, 11:16

...Ich schreib da mal was zu, wenn ich etwas mehr Zeit habe..

@Asye: Da muss ich dir widersprechen. Ackermann denkt sich zumeist schon was bei den Texten und versucht sie auf einer metaphorischen Ebene darzubieten. Und was der Autor damit zu sagen beabsichtigt ist für eine Interpretation nur partiell von Belang, da Texte (also nicht nur von Songs) sich bisweilen verselbstständigen. In der Musik ist das ähnlich: Heute loben alle J.S. Bachs Kantaten in den Himmel, dabei hat der Mann die für einen Gottesdienst oder Ähnliches aufs Papier "gerotzt", um Geld zu verdienen...

Mehr dazu später..:)..
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Beitragvon Palene » 15. Jul 2011, 11:24

asye_usu hat geschrieben: Ich denke Du hast Dir erheblich mehr Gedanken über den Text gemacht als der Autor.    :ph34r:




lol
Kann sein. Aber in der Literaturwissenschaft gilt ja: Der Autor ist tot! ((Ich liebe diese Phrase ;) ). Betrachte den Text also einfach als "vom Himmel gefallen/irgendwie halt da". Und was die Qualität angeht.... jaaa..., einerseits hast du recht. Auf der anderen Seite... was macht denn einen guten Text zum guten Text? Wenn es nicht die szene-spezifischen Phrasen sind, dann eben andere Phrasen. In der Popmusik sinds dann eben die Standardthemen Liebe, evtl. enttäuschte Liebe, Sonne, gut-aussehen, bla. Und bei uns eben die Standardthemen X,Y,Z.

Kennst du zufällig von H. Hesse "Im Nebel"? Hier:

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

Gut - das ist jetzt sprachlich kunstvoller, weil halbwegs an Versmaß und Reimschema gebunden. Aber sonst klingen Verse wie "Jeder ist allein" (vgl. Das Ich "Wie alles einsam und allein") oder "Leben ist Einsamsein" ebenso nach Phrasen.
Also, verstehe mich nicht falsch. Es gibt Texte, die ich auch als völlig bescheuert, hohl, hingeschmiert, zusammengestückelt empfinde. Ich finde es nur schwierig, objektiv zu entscheiden, wann das der Fall ist (nicht nur "gefühlt der Fall").

Naja - es scheint, ich habe einfach zu viel Zeit, oder? ;)
Also, soweit, Grüße, Pal
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Beitragvon Cholet » 15. Jul 2011, 11:44

Haha, ein köstlicher Beitrag für jemanden wie mich, der sich über Texte und Worte so herrlich im Detail auslassen mag. Aber das bringt das Interesse für Sprachwissenschaften wohl unweigerlich mit sich. Schön, schön, dass ich damit nicht alleine bin.
Allerdings, was mir sofort einfiel als ich den ersten Beitrag gelesen habe: Sagt dir "Dornenreich" etwas? Gut, das ist eher Metal als Goth, aber da ich sie im Oktober live sehen werde, habe ich gestern mal wieder reingehört ... interpretiere doch mal die netten Herrschaften :D

Tag - Schwarz schaut Glitzerwucherflut,
das Zerrwerk, das nur nachtseits ruht.
Wahnsinn, den ich hier scheint's fliehe,
(nur) meines Wahnsinns letzter Schild,
(scheint) namenloser Ängste Quelle,
aller Wahrheit Winkelbild.

Nacht - Schwarz schaut mäßiges Nichts,
den schweren Glanz des Mondeslichts.
Tiefe, die ich darin seh',
(nur) meiner Tiefe Spiegelbild,
(scheint) stiller Sehnsucht letzter Zeuge,
aller Leere letzter Schild.

Schwarz schaut tiefsten Lichterglanz,
Sonne - Mond, den starren Tanz,
der milde alle Wege meidet,
vor - zurück - im Abgrund schwingt,
und mir meine Träume neidet.
- Schwarz durchschaut -
- Schwarz sehnt sich sehr -
<a href='http://www.last.fm/user/Liobia' target='_blank'>last.fm</a>
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Beitragvon asye_usu » 15. Jul 2011, 12:10

@Sagaart: "Ackermann denkt sich zumeist schon was bei den Texten [...]"

Ja dann hast Du bestimmt recht. Mit solchen Inside-Kenntnissen kann ich freilich nicht aufwarten. B) Ich vermute der Gedankengang war etwa "Blah, Blubb, Leid und Schmerz, Aua, aua schwarzes Herz".


@Palene: Hesse-Lyrik ist für mich mitunter auch etwas grenzwertig, aber er ist sowohl sprachlich wie auch inhaltlich m.e. auf einem ganz anderen Niveau.
Ich gebe Dir natürlich recht dabei, dass das sicher jeder anders empfinden mag. Gerade bei Lyrik. Persönlich bevorzuge ich es, wenn mit den üblichen Schlüsselwörtern (aber da mag ja auch wieder jeder andere Unwörter haben) etwas sparsam umgegangen wird und die Metaphorik ggf. über sog. "Zillo-Niveau" hinausgeht. :)
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Beitragvon Niggels » 15. Jul 2011, 12:49

Das Ich ist in der Tat eine Band, die sich bei den Texten noch was denkt. ;) Und wenn die Gruftie-Klischees bemühen, dann weil sie sie (mit-)erfunden haben. Jedenfalls für die deutschsprachige Szene.
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Beitragvon bostich1980 » 15. Jul 2011, 13:31

Hier dürfte sich die Suche nach einem gemeinsamen Nenner abermals schwierig gestalten.

Von mir nur soviel:

Wenn ich tanzen will, kann ich auf einen sinnesschwangeren Text gerne verzichten. Ich möchte mich schließlich bewegen und nicht nachdenken. Beides zusammen geht bei mir eh nicht, weil unfähig zum Multitasking.

Möchte ich Musik und Text genussvoll konsumieren, geschieht dies fast ausschließlich zu Hause in den eigenen vier Wänden bei 'nem Glas Whiskey oder Rotwein.
Textbeispiel:
"Im lotto spielst du immer nur die zahlen zwischen 5 und 10
Und als zusatzzahl dein lebensalter, denn als lottospieler, sagst du, darf
Man höchstens neunundvierzig jahre alt sein, später wäre es schade um das geld
Wo deine füße stehen ist der mittelpunkt der welt"
(Element Of Crime)

Und als bekennender Yello-Fan wird man, was die Songtexte betrifft, eh nicht mit Anspruchsvollem überhäuft. ;)

Songtexte werden im Allgemeinen eh viel zu überbewertet. Und was nützt mir der tollste Text, wenn die Musik kacke ist...
<span style='color:gray'><i>Ich glaube, es ist dem Kapitalismus immanent, dass er in seiner zweiten Natur dem Menschen sprichwörtlich über den Kopf wächst. Der Mensch, der glaubt, dass er das System kontrolliert und im Griff hat, lügt sich selbst in die Tasche. Es ist das System selbst, der Moloch des Kapitalismus, der ständig nach Wachstum schreit. Und wenn er sein Wachstum nicht mehr bekommt, nach dem er schreit, dann veranstaltet er einen Krieg oder eine Krise wie gerade.</i></span> // Dieter Meier
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Beitragvon asye_usu » 15. Jul 2011, 13:47

Niggels hat geschrieben: Das Ich ist in der Tat eine Band, die sich bei den Texten noch was denkt. ;) Und wenn die Gruftie-Klischees bemühen, dann weil sie sie (mit-)erfunden haben. Jedenfalls für die deutschsprachige Szene.

Ist das Ich nicht so von 1989/90? Das ist auch für den deutschprachigen Raum nicht gerade früh.
Was Herr Ackermann denkt sei mal dahingestellt. Der Text oben ist einfach sprachlich schwach. Was im Grunde auch nicht schlimm ist, aber es soll ja scheinbar wie Lyrik klingen. Dieses "Gewollt und nicht gekonnt" macht es dann einfach zu einer Lachnummer. M.e.

@Bostich1980: Ja, Element of Crime verfügen offenbar über mehr literarisches Talent. :D
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Beitragvon bostich1980 » 15. Jul 2011, 13:58

asye_usu hat geschrieben:@Bostich1980: Ja, Element of Crime verfügen offenbar über mehr literarisches Talent.    :D


Und obendrein meist auch noch verständlich; um zum Ursprungsthema zurückzukehren.
Meine Lieblingspassage kann ich mir dennoch nicht verkneifen:
"Ich lock dich in den Garten
Und bewerf dich mit Blumen
Solang bis du umfällst
Und kapitulierst
Ob das Verschwendung ist
Ist mir doch egal
Wer verliebt ist
Hat keine Wahl"


Andererseits gibt es ja auch genügend Texte, die sind so bekloppt, dass es fast schon wieder gut ist. Einfach mal den ein oder anderen Song von Stendal Blast anhören.
<span style='color:gray'><i>Ich glaube, es ist dem Kapitalismus immanent, dass er in seiner zweiten Natur dem Menschen sprichwörtlich über den Kopf wächst. Der Mensch, der glaubt, dass er das System kontrolliert und im Griff hat, lügt sich selbst in die Tasche. Es ist das System selbst, der Moloch des Kapitalismus, der ständig nach Wachstum schreit. Und wenn er sein Wachstum nicht mehr bekommt, nach dem er schreit, dann veranstaltet er einen Krieg oder eine Krise wie gerade.</i></span> // Dieter Meier
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Beitragvon Maila Nurmi » 15. Jul 2011, 14:44

Huch?! Niveau!! Donnerwetter!!!

:) *freu*

Textinterpretation von Songtexten? Toll. Aber Destillat scheint mir doch etwas überinterpretiert. Obwohl Literaturwissenschaftler konnte ich mich nie mit "Der Autor ist tot!" anfreunden, ich halte überhaupt nichts davon, das Werk ungeachtet des Autors zu betrachten. Aber das ist eine alte und andere Geschichte, darüber hab ich bereits im Deutsch-LK mit meinen Lehrern debattiert.

Fest steht, dass bei Szenemusik NATÜRLICH mit Klischees verschwenderisch umgegangen wird. Das liegt in der Natur der Sache und ist auch keineswegs verwerflich. Denn trotz aller Klischeelastigkeit sind doch all die Themen, um die die Texte kreisen, erheblich kopflastiger, mitunter philosophischer, ernsthafter, (gewollt) tiefgründiger und reflektierter als die der Mainstream-Musik. Das nur am Rande.

Übersehen wir mal ganz großzügig die sprachlichen Mängel des Textes. Ich persönlich sehe in "Destillat" eine Umschreibung der "Essenz" des menschlichen Lebens im Unterschied zur Existenz als bloßem Dasein). Ich denke, das "Ich" (haha... stimmt...) umschreibt hier die Gefangenschaft im Alltagstrott und die Verzweiflung daran. Die Sehnsucht nach dem, was noch berührt, wenn schon alles abgestumpft ist in einer Welt, die nichts Neues mehr zu bieten scheint.

"Ein toter Musikant spielt ein stilles Lied" - es wäre ja nicht das erste Mal, dass in der Musik der Szene Schuberts Winterreise verwurstet wird, wo im letzten Lied des Liederzyklus' der Tod als Leiermann den lebensmüden Wanderer geleitet. Vermutlich haben wir es auch hier mit einem Totentanz zu tun. Ob es nun um den physischen Tod geht oder um die endgültige Resignation einer menschlichen Existenz, die nichts als lebensüberdrüssige Qual mehr ist, das weiß ich auch nicht.

Und wie bei Hesse (dessen Lyrik und Prosa ich übrigens sehr schätze, hab die Gesamtausgabe hier) ist auch das "jeder ist allein"-Thema hier angesprochen.



Der Dornenreich-Text bietet da mehr... leider hab ich überhaupt keine Zeit, dazu mehr zu schreiben. Aber ich werfe noch einen anderen Verseschmied ins Rennen... einen, der sich ziemlich viel auf seine Fähigkeiten einbildet!

Diary Of Dreams - End(Giftet)?

Das Leben verbirgt sich hinter seinen
abertausenden Gesichtern, im Schatten dessen
was es selbst zu bewirken vermag.

Unbändbare Kraft verborgen in unheilbarer Sucht
nach mehr Gefühl, nach viel mehr Gefühl...

In blendendem Licht zu einer anonymen Masse
verschmolzen, deren Ästhetik einzig und allein in
ihrem imaginär allem überlegenen Intellekt liegt.

Utopie oder Fanatismus, wer weiss das schon...
(Und so schlendern wir orientierungslos, Angesicht
zu Angesicht, aneinander vorbei.)

Ich bin endgiftet, total endgiftet

Und dennoch schöpfen wir immer wieder neues
Vertrauen und rufen es hinaus in die Leere, war-
tend auf ein sanftes Echo, das sich anschmiegsam
wie eine zweite Hülle um Dich wickelt,
Dir Trost spendet und Dir für eine Weile Deine
müden Augen einfühlsam zu schliessen versteht.

Vorbehaltlos verringerst Du Deine Erwartungen
auf ein Minimum:
Eine Hand gefroren im Eis, die andere im
lodernden Feuer, so erstarrst Du...

Vergib mir, mein Freund, Du scheinst nicht zu
verstehen, aber wer weiss das schon?

Legenden werden geboren und in kleinen
gepolsterten Zimmern aufbewahrt.
Einsam lernst Du das zu lieben was Du nie
berühren wirst


So. Ich interpretiere hier mal noch nicht, später, werfe Euch erstmal diese Brocken hin. Ich selber bin mittlerweile von dieser Band ganz abgekommen, ist nicht mehr meine Welt.

@Palene: Nur deutsche Texte? Der Einfachheit halber wäre das von Vorteil, oder? Aber viele deutsche Song-Texte sind so grausam... Über "Traumtänzer" von Diary Of Dreams mag ich beispielsweise gar nicht reden, da stellt sich schnurstracks ein Fremdschäm-Effekt ein, ganz schlimm!!! ;)
"Die Erwachsenen begehen eine barbarische Sünde, indem sie das Schöpfertum des Kindes durch den Raub seiner Welt zerstören, unter herangebrachtem, totem Wissensstoff ersticken und auf bestimmte, ihm fremde Ziele abrichten."(Robert Musil)
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Beitragvon Niggels » 15. Jul 2011, 15:11

DAF/DOS:

Ich glaub ich fick dich später
Ich denk das ist o.k.
Ich will jetzt lieber tanzen
Und ficke dich dann später
Ich ruf dich dann auch an
Und fick dich irgendwann

(1996)

Die dadaistische Vorwegnahme des heutigen "Hellectro" aka Tourette-Techno a la Agonoize. :D ;)
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Beitragvon asye_usu » 15. Jul 2011, 15:18

@Maila:
-"Destillat": Deine schöne Interpretation kann ich gut nachvollziehen. Ich wünschte Du hättest Ihnen einen Text zu dem Thema geschrieben, dann könnte man das sicher ohne Fremdschämen lesen. Ok, musikalisch wäre es dann für meine Ohren immer noch Festzelt-Musik.

-"Klischees": Ja, in gewisser Weise hast Du recht, aber es kommt doch ein bißchen darauf an, ob man nur Klischees bedienen oder wirklich was aussagen will. Nehmen wir bei "Das Ich" mal wohlwollend an sie wollen uns wirklich etwas (aus ihrer Sicht) wichtiges mitteilen und nicht nur einen Text schreiben in dem möglichst viele Szenevokabeln vorkommen, so scheitern sie doch an ihrem Unvermögen. Das Verwursten von literarischen Anleihen hilft da auch nicht wirklich. :unsure:
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Beitragvon asye_usu » 15. Jul 2011, 15:19

Niggels hat geschrieben: DAF/DOS:

Ich glaub ich fick dich später
Ich denk das ist o.k.
Ich will jetzt lieber tanzen
Und ficke dich dann später
Ich ruf dich dann auch an
Und fick dich irgendwann

(1996)

Die dadaistische Vorwegnahme des heutigen "Hellectro" aka Tourette-Techno a la Agonoize. :D ;)

Gutes Beispiel. Delgado-López kann eben schreiben.
Diese Hellelectro-Fuzzis dagegen sind (soweit mir bekannt) einfach nur jämmerlich.
Von daher sehe ich da keinen Zusammenhang.
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