von dendrite » 3. Feb 2005, 21:04
so und nun wird's wissenschaftlich: Aus dem DWB nach J. u. W. Grimm:
(und als gute Germanisten wissen wir ja auch alle, wie das mit den harten und weichen Konsonanten in unserer sprachlichen Vergangenheit so war....nich? Hier der Artikel, zu dem auch "Niggels" gehört, mit allen Varianten. Und jetzt habt Ihr auch die Erklärung, warum "Niggels" angeblich nicht so ein schönes Wort ist)
NICKEL, mit verschiedenen bedeutungen, die WACKERNAGEL (kl. schriften 3, 170 ff.) alle auf die koseform von Nicolaus zurückführen will.
1) Nickel, n. pr. der gekürzte name Nicolaus (vergl. Claus, Klaus th. 2, 628. 5, 1034 f.) FRISCH 2, 17c. SCHM.2 1, 1722. LEXER kärnt. wb. 198. SCHÖPF 469. SCHILLER-LÜBBEN 3, 185a: denn es sollen alle drei (Eli, Eliakin, Joakim) éin name sein, wie bei uns Nicolaus, Nickel, Claus. LUTHER 8, 126a (vergl. AVENTIN. 4, 728, 18 ff.). Nickel Rubendunst. H. SACHS 14, 240, 17.
a) als allgemeiner name (oder kosename), die mitte haltend zwischen nomen proprium und appellativum wie Hans, Heinz, Kunz:
o hertzen lieber Nickel mein,
vergisz mein nit auff alle treu ..
ach Nickel, Nickel,
trauter schöner Kleusly (deminutiv von Klaus),
halsz mich, küsz mich.
WOLKENSTEIN s. 171;
ich thu nicht auff, mein lieber Nickel (sagt das zicklein zum wolf).
WALDIS Es. 1, 24, 26;
wie viel hat Kuntz bezahlet?
wenn stelt sich Nikkel ein? der gute kerrel pralet
als wie ein grafen kind, und komm ich in sein haus,
so schleicht der feine herr zur hintertühr hinausz.
RACHEL 4, 202.
B) Nickel allein oder kleiner Nickel bildet den gegensatz zu groszer Hans (th. 42, 456), da Nicolaus ein beliebter name geringer leute und bauern war und deshalb einen niedrigen nebensinn bekam (zů dem dritten so heischtu Nicolaus, die selben geraten selten wol. PAULI schimpf u. ernst 338 Öst.):
sieh, Nickel mit der geigen (David), was wiltu heben an?
du bist ein kleines kind, er (Goliath) ist ein groszer mann.
reime vom j. 1562 bei SCHM.;
sie nahmen der werck und wort war und hielten sie gegen gottes gebot, unangesehen ob es der grosze Hans oder klein Nickel gesagt, in gottes oder menschen namen gethan hette. LUTHER 1, 236a; lügenmeuler der groszen Hansen oder kleinen Nickel. D. C. GÜETTEL von evang. wahrheit (1523) C, I.
c) Nickel ist wie Hans, Kunz u. a. auch ein von den hexen gebrauchter teufelsname (myth.4 889); schwäbisch nickel, kobold BIRLINGER volksth. 1, 349.
d) nach myth.4 404 hört man statt nix auch nickel und nickelmann in anlehnung an neck, necker, nicker (sp. 514. 517).
e) nickel als pferdename, besonders wenn sie klein und unansehnlich sind. SCHOTTELIUS 1370. FRISCH 2, 17c. OBERLIN 1122.
Bd. 13, Sp. 734
SCHM.2 1, 1722. brem. wb. 3, 240. vergl. WACKERNAGEL kl. schrift. 3, 76. 172 und unten 2, b am ende.
2) nickel, m. (auch f. und n., vgl. nickelein) in appellativer verwendung, mit verschiedenem nebensinne.
a) anschlieszend an 1, b überhaupt von kleinen menschen: baierisch nickel und nigel kleiner mensch, kleines kind SCHM.2 1, 1722; kärnt. nigl als liebkosungswort gegen kleine kinder, sodann kleiner krüppelhafter mensch LEXER 198; henneb. nickel und lausnickel für einen kleinen menschen SPIESZ 173; schwäb. nickel ein kleiner, dabei eigensinniger mensch SCHMID 407; mehr scherzhaft von mädchen gebraucht, die eigensinnig sind, auf ihrem willen bestehn: das älteste mädchen ist zwölf jahre, sie soll noch ein biszchen catechissen lernen, und hernach will ich dem kleinen nickel einen mann geben. RABENER (1755) 3, 18; Wumshäter (zur tochter). ich werde dir das maul zuhalten müssen. Laura. aber ich versichere -- Wumsh. nun, wahrhaftig, ein pferd, das den koller bekömmt, ist leichter aufzuhalten, als das plappermaul eines solchen nickels. LESSING 1, 355 (der misogyn 1, 6); Wumsh. wo ist die tochter, Lisette? Lisette. was für eine tochter? Wumsh. die tochter! wo ist sie? Lisette. welche tochter denn? Wumsh. der nickel will nur, dasz ich sagen soll: meine tochter; und sie weisz doch, wie ungern ich es sage. 373 (der misogyn 2, 7).
B) als schelt- und schimpfwort gegen personen beiderlei geschlechts: das exempel vergleicht sich meinem nickel nicht (narrabis igitur exemplum meo marito dissimillimum). FISCHART klag des ehstands (1614) 245; sie werden so einen höltzernen Peter nicht zum rathsherrn machen .. wer wird denn einen solchen nickel lassen oben an gehen. WEISE erzn. 196 neudruck; besonders gegen eine gemeine weibsperson, eine liederliche dirne oder vettel angewendet: nickel, scortilla STIELER 1346, eine gemeine hure. FRISCH 2, 17c; 'nickel ist eine art eines schimpf- und scheltwortes, mit welchem diejenigen liederlichen weibsbilder beleget werden, so ein verdächtiges leben führen oder sich durch allerhand unzulässige profession geld machen, daher pfleget man von ihnen zu sagen, sie haben sich diesz oder jenes ernickelt; es soll diese redensart von einer berühmten hure Nicolea herstammen.' AMARANTHES frauenzimmerlex. 1329. ZEDLER 23, 522; das nickel, auch die nickel gemeine, liederliche weibsperson, hure. brem. wb. 3, 240. DÄHNERT 329b. DANNEIL 146b. SCHÜTZE 3, 149. SCHMIDT westerw. id. 123; nekkel, nikkel, ein leichtsinniges frauenzimmer, was zum frechen wesen geneigt ist. HENNIG 168; als schelte du fûle nickel SCHAMBACH 145a; weiln er mit einem jedermanns nickel sich verlobet. MELISSUS Salinde 112; ja, grausame! ich will dich einen nickel, eine verrätherin ... nennen. WEISZE kom. opern 1, 79; der erste grusz wird wohl nickel oder rabenaas sein. 2, 60; Skanarell (zu seinem weibe). dasz dich die pest, du stinkichter nickel. BIERLING Molières der arzt wider seinen willen 1, 1; (zur magd) du gottloser nickel, du willst mir noch lehren geben? GELLERT lustsp. (1748) 297 (loos in der lott. 3, 4, später entfernt); auch die Orsina (in Lessings Emilia Galotti) hat mich ein paar mahl recht surprenirt; der henker erwarte so viel geist, entschlossenheit und feste wuht von einer solchen nickel. CLAUDIUS (1775) 1, 213;
der advocat sprach eifrig fort,
und unter anderm auch: 'es saget die novelle ..'
ei! fiel erzürnt der (schwache) richter ihm ins wort,
ei was novelle pimpernelle!
pfui! schämet euch und redet nicht
von euern nickeln vor gericht!
LANGBEIN (1854) 1, 193;
wie du vettel, tref ich dich hier an? gleich ins zuchthaus mit dir -- nickel! F. MÜLLER Fausts leben 48, 4 neudruck;
wie? spielt Fortuna nun mit dir das nickel?
SCHLEGEL Heinrich V. 5, 1;
ein schlechtgebohrnes nickel, wie sie ist.
Heinrich VI., 2. theil 1, 3;
ein strohwisch wäre tausend kronen werth
zur selbsterkenntnisz für diesz freche nickel.
Heinrich VI., 3. theil 2, 2;
genug, dasz huren ihren stand verschwören,
und solch gewerb zum abscheu wird.
die schürzen, nickel! .. bleibt huren stets weit auf.
TIECK Timon von Athen 4, 3.
STIELER, FRISCH, HENNIG und WEIGAND nehmen hier übertragene bedeutung von nickel 1, e an, da auch engl. nag kleines pferd und buhldirne bedeute.
3) nickel, angewendet auf sachen.
a) schweiz. niggel, der kreisel, turbo MAALER 307a. STALDER 2, 239; daher in der gaunersprache nickel, der tanz. ANTON 59b.
Bd. 13, Sp. 735
B) schwäb. nickel oder feuernickel, ein gespitzter, zum kinderspiel dienender stecken. SCHMID 407.
c) westerw. 'ein zulegmesser, das einen runden gedrehten stiel von holz hat, worin die schlecht befestigte spitze klinge immer nickt, nickelt d. h. hin und her fährt'. SCHMIDT 123.
d) schweiz. bedeutet nickel auch ein verdrieszliches, neckendes hindernis (es ist ein niggel dazwischen), auch eine krankheit der ziegen, wenn sie zwischen den klauen spreissen bekommen. STALDER 2, 239.
e) der nickel oder (nach der latinisierten benennung niccolum) auch das nickel ein fast silberweiszes, vollkommen dehnbares metall, das sich gewöhnlich als begleiter von kobalterzen findet (NEMNICH 2, 722. OKEN 1, 124). es wurde im j. 1751 vom schwed. mineralogen v. Cronstedt entdeckt, der ihm im j. 1754 auch den aus kupfernickel (th. 5, 2766) gekürzten namen nickel gab, weil der kupfernickel den gröszten nickelgehalt zeigte (WEIGAND 2, 222). der kupfernickel aber hat wol ähnlich wie der kobalt (th. 5, 1538) bei den bergleuten seinen namen erhalten von dem neckenden dämon (vergl. 2, c. d), weil sie aus dem metalle, das sie auf kupfer zu verarbeiten suchten, kein kupfer gewinnen konnten. vergl. WACKERNAGEL kl. schriften 3, 172.
f) seit der einführung der deutschen reichswährung werden die nickelmünzen, besonders das zehnpfennigstück, vom volke auch kurzweg nickel genannt.
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